Interview mit dem Team des Vorstands der Dorfladen Thier eG im April 2014

 

Nach den ersten Monaten mit unserem Dorfladen auf der Thier wollen wir nun vom Vorstand wissen, wie die Zeit war und welche Erfahrungen gemacht worden sind.

 

Redaktion: Hallo, Thomas, Anette, Wolfgang und Michael. – Der Vorstand der Dorfladen Thier eG. – Die letzten Wochen und Monate vor und nach der Eröffnung des Dorfladens waren für euch sicher schon sehr stressig. Wie sieht es jetzt nach einigen Wochen des laufenden Betriebs aus?

Vorstand: Die ersten vier Wochen waren mega-stressig. Für uns und das Team war alles neu! Da man solch einen Laden nicht ein halbes Jahr auf Probe öffnen kann, ist das doch ein Sprung ins kalte Wasser. Aber wir sind weder untergegangen noch erfroren. Unser größtes Augenmerk lag auf der Zufriedenheit des Kunden und speziell für den Vorstand stand die Unterstützung unseres Teams und Koordination der Abläufe im Vordergrund. Unser Team hat das toll gemeistert. Anfang März konnte man schon gute Fortschritte im Bezug auf alle anfallenden Tätigkeiten feststellen. Nach anfänglichen personellen Anpassungen werden wir nun dem großen Kundenansturm immer gerechter.

 

Redaktion: Viele Thierer, ob schon Genossenschaftsmitglied oder nicht, wollen sicher wissen, wie sich der Dorfladen wirtschaftlich entwickelt hat. Wir hatten ja in den Planungen mehrere Fälle durchgespielt. Auch den negativen Fall, dass es nicht auf Anhieb funktionieren könnte. Wie ist die Lage?

Vorstand: Die Lage könnte kaum besser sein. Wir liegen auch nach zwei Monaten immer noch im optimistischen Bereich, deshalb war auch ein komplettes Umdenken in der Personalplanung erforderlich.  Wir sind heute zuversichtlich, dass die Dorfladen-Genossenschaft mindestens kostendeckend wird arbeiten können.

 

Redaktion: Das hört sich ja sehr gut an. Wie sieht es da bei euch im Vorstand und den Mitarbeiterinnen im Laden mit dem Stolz aus? Eigentlich müsstet ihr doch platzen, oder!?

Vorstand: Wir alle, inklusive Mitarbeiterinnen, sind mit Recht stolz auf unseren Laden. Das konnte man uns bedingt durch den enormen Arbeitsaufwand  zwar nicht immer ansehen, aber wir sind es.  In dem Zusammenhang  nochmal  einen Dank an alle, die in irgendeiner Form am Erfolg des Ladens beteiligt waren.

 

Redaktion: Jetzt mal noch konkreter. Welche Artikel gehörten zu den „Rennern“ und welche haben sich im Verlauf als die „Ladenhüter“ herausgestellt?

Vorstand: Die Renner im Sortiment sind, neben den Backwaren, das Fleisch vom WFG, der Käse vom Thomashof in Burscheid und Milchprodukte. Ladenhüter gibt es nicht viele, denn das Personal ist fleißig dabei, die Produkte die sich kaum bewegen, durch Wunschprodukte der Kunden auszutauschen.

 

Redaktion: Im ursprünglichen Konzept war ja immer die Rede von „regionalen Produkten“. Können wir hier mit noch mehr Angeboten rechnen? Schließlich gibt es doch einige interessante Produzenten auch im Bergischen Land oder gar hier bei uns.

Vorstand: Ja mit Sicherheit, wir haben das Sortiment schon erweitert, werden da aber verstärkt ab Ende April heran gehen. Bis dahin haben wir noch ein paar Baustellen zu beseitigen und diverse Optimierungen durchzuführen.

 

Redaktion: Ein weiterer Grundgedanke des Konzeptes war ja auch die Ermöglichung von verschiedenen Sozial- und Dienstleistungen. Klar war, dass das nicht von Anfang an im Vordergrund stehen würde, weil für uns alle die Einrichtung eines Lebensmittel-Nahversorgers schon vollkommenes Neuland war. Was tut sich auf diesem Gebiet?

Vorstand: Die wichtigste Sozialleistung, der Lieferdienst und der Fahrdienst für nicht mobile Bürger, wird jetzt schon genutzt. Ab September werden wir über ein eigenes Fahrzeug für die Beförderung von nichtmobilen Bürgern verfügen. Außerdem wird die Bargeldauszahlung an der Kasse über EC-Cash nahezu täglich genutzt. Auch DHL , Postdienst und der Wäscheservice sind gut genutzte Dienstleistungen. Die „Infoecke“ findet auch regen Anklang. Alle weiteren Sozial- und Dienstleistungen werden wir zu einem späteren Termin einführen.

 

Redaktion: Mal etwas Kritisches: Schön ist ja auch, wenn der Laden so gut läuft, dass die Leute Schlange stehen müssen. Leider liegt der Grund wohl auch in den internen Abläufen bzw. im Kassenbereich. Was habt ihr hier bereits umgesetzt und was wollt ihr noch verbessern?

Vorstand: Da hast du die Achillesverse des Ladens angesprochen. Wir haben die Abläufe mittlerweile geändert und die Anfangsschwierigkeiten des  Personals sind überwunden. Außerdem haben wir uns nochmals beraten lassen und haben daraufhin den Kassentisch komplett abgeändert. Zum einen ist die Ablagefläche jetzt tiefer, es gibt einen klaren Warenfluss und wir haben einen Tischscanner eingebaut. Damit erhoffen wir uns einen enormen Schritt nach vorne. Sollte das nicht zum gewünschten Ziel führen, werden wir den ganzen Thekenbereich überdenken müssen. In unseren Planungen sind wir von wesentlich weniger Kundenfrequenz ausgegangen, so dass es für eine Angestellte möglich gewesen wäre, die Kunden zu bedienen.

 

Redaktion: „Frage nicht was dein Land für dich tut, tue etwas für dein Land“. So ungefähr formuliert es ein Spruch, der den Lokalpatriotismus in den Blick nimmt. Halten die Thierer eigentlich ihr Versprechen ein, hier in Thier ihr Geld auszugeben?

Vorstand: Ja, definitiv tun sie das! Das spiegelt sich in den guten Umsätzen wieder. Außerdem finden wir es toll, dass sogar Mitbürger, die dem Projekt skeptisch gegenüber standen, regelmäßig zu uns kommen.

 

Redaktion: Wir reden ständig über Thier. Aber ist es aus deiner Sicht realistisch, dass noch mehr „Auswärtige“, also auch die anderen Dörfer oder gar aus der Stadt als Kunden zu uns kommen? Wie müsste dann ein attraktives Angebot aussehen?

Vorstand: Wir haben jetzt schon einige Kunden aus Nachbardörfern und es kommt sogar ein Kunde aus Hückeswagen zu uns, weil er bei uns den Thomashofkäse in Scheiben geschnitten kaufen kann. Über eine Erweiterung des regionalen Angebotes werden wir den Kundenkreis noch erweitern können.

 

Redaktion: Eines hat ja immer das Projekt Dorfladen Thier ausgemacht: Der Teamgeist. Alles das, was heute hier so gut funktioniert, ist das Ergebnis von vielen, vielen Talenten und einem Denken für das Ganze ohne Selbstdarstellung eines Einzelnen. Wie sieht der Vorstand der Dorfladen Thier eG das Team?

Vorstand: Unser Erfolg ist auch weiterhin von diesem Teamgeist abhängig. Und da können wir uns  absolut nicht beklagen. Die Hilfsbereitschaft reißt nicht ab. Die gesamte Arbeitsgruppe ist in irgendeiner Form hilfreich tätig. Und das mit einem enormen ehrenamtlichen Einsatz. Aber auch eine Vielzahl von weiteren Bürgern beteiligt sich ehrenamtlich. Z.B. führen zwei Frauen die Buchhaltung, für das einräumen der Ware gibt es ein Team,  der Laden wird von fleißigen Helferinnen geputzt, an manchen Tagen helfen Frauen beim Bedienen im Café, Lieferdienst und Handwerksarbeiten werden ehrenamtlich geregelt und noch einige Dinge mehr. Was man noch erwähnen sollte, ist das sogar das Personal eine gewisse Anzahl an Stunden in der Woche ehrenamtlich tätig ist.

 

Redaktion: Mal eine vielleicht zu frühzeitige Nachfrage: Was passiert eigentlich, wenn die wirtschaftliche Entwicklung so weiter geht? Was passiert, wenn die Genossenschaft Gewinne macht?

Vorstand: Das ist im Genossenschaftsgesetz klar geregelt: Es werden nötige Rücklagen geschaffen, das Ehrenamt wird sukzessive abgebaut und wenn noch Gewinne übrig  sind, wird es eine Dividende (Gewinnbeteiligung der Genossenschaftsmitglieder; die Redaktion) geben.

 

Redaktion: Wie sieht es mit der angekündigten Stofftasche mit Dorfladen-Logo aus? Überhaupt: Merchandising und Werbung im öffentlichen Raum Und: Wie kann man die Treue der Kunden „belohnen“. Hätte es nicht etwas scharmantes, wenn es die guten alten Rabatt-Marken wieder geben würde?

Vorstand: Dieses gesamte Thema müssen wir aus Zeitgründen verschieben, da werden wir uns in der 2. Jahreshälfte mit beschäftigen.

 

Redaktion: Letzte und sicher auch wichtige Frage: Wie kommt ihr im Bereich der integrativen Mitarbeiter voran?

Vorstand: Sehr gut! Bei uns haben mittlerweile drei behinderte Menschen ein Praktikum absolviert bzw. sind noch bei uns. Wir benötigen noch etwas Zeit, um herauszufinden, wer für uns am besten geeignet ist oder für wen wir am besten geeignet sind. Wir sind sicher, dass integrative Mitarbeiter auf Dauer ein Bestandteil des Ladens sein werden.

 

Redaktion: Lieber Thomas, Anette, Michael und Wolfgang. Wir danken euch für das Interview und für das große Engagement des gesamten Vorstandes, des Verkaufs-Teams und den weiteren Mitgliedern der Arbeitsgruppe. Richte diesen Dank bitte auch an alle aus!